Mehr Platz für dein Leben
Dieser Slogan steht für die erfolgreiche Geschäftsidee des Unternehmens placeB, das voll digitalisierte, flexible Self-Storage-Lösungen anbietet – Lagerräume auf Abruf. Damit schliesst es eine Marktlücke in einer immer mobiler werdenden Gesellschaft.
Das Büro an der Räffelstrasse 26 in Zürich ist klein, eher etwas überstellt und passt zum Startup-Unternehmen. Hier befinden wir uns im Herzen von placeB, wo alle neun Mitarbeitenden täglich an der Weiterentwicklung des Produkts arbeiten, den rund 1000 Kunden über Chat-Funktionen und per Video Support leisten und an neuen Algorithmen tüfteln. Was nach dem Zweiten Weltkrieg in Amerika seinen Ursprung hatte und mittlerweile zu einer 60-Milliarden-Dollar-Industrie herangewachsen ist, floriert nun auch in der Schweiz. Terry Fehlmann hat es geschafft – im zweiten Anlauf.
Terry, wie bist du auf die Idee gekommen, Self-Storage-Lösungen anzubieten?
Ich war im Jahr 2003, also vor 16 Jahren, in Salzburg zu einer Hochzeit eingeladen. Am Freitag vor dem Event traf ich einen Österreicher, der in diesem Geschäft etabliert war und mir euphorisch davon erzählte. Ich hatte eine schlaflose Nacht, weil ich bis in die frühen Morgenstunden recherchierte. Fazit: Ich habe die Hochzeit verpasst und in der Folgewoche ins Blaue hinein gekündigt. Enthusiastisch und voll motiviert wollte ich die Idee in der Schweiz umzusetzen – bin allerdings gescheitert. Das Kunststück war, eine passende Immobilie zu finden, wofür es Finanzierungen brauchte. Um aber eine Finanzierung zu erhalten, brauchte es eine Immobilie. Diese Schwierigkeit habe ich unterschätzt. So bin ich zurück in die Industrie und habe erst vier Jahre später bei Zebrabox investiert, einem heutigen Mitbewerber, wo ich als COO das ganze Rollout verantwortete. Vor fünf Jahren, mit viel Erfahrung im Rucksack, habe ich meine Anteile bei Zebrabox verkauft und wollte es noch einmal versuchen: Zur Absicherung hatte ich mir zuerst ein Eigenheim gekauft – und parallel dazu mein Unternehmen gegründet. Beim zweiten Anlauf hat es geklappt.
Lagerraum auf Abruf – wie funktioniert dieses Geschäftsmodell?
Massgebend sind zwei Megatrends: die wachsende Mobilität der Gesellschaft und das zunehmend verdichtete Wohnen in Stadtzentren. Dadurch steigt die Nachfrage nach temporären Lagermöglichkeiten. Eine Immobilienfirma hat kein Interesse, Stauraum zu bauen – sie will möglichst viel Fläche vermieten und Erträge generieren. Deshalb schwinden heute Stauräume wie Reduits und Einbauschränke in Stadtwohnungen. Während klassische Self-Storages eher in der Peripherie zu finden sind, wollte ich als Differenzierung bewusst näher zum Kunden, also ins Zentrum, wo kleinere Räume gefordert werden. Mit unserer Lösung können Kunden den persönlichen Lagerraum am gewünschten Standort online buchen und rund um die Uhr nutzen. Das Handy dient als Schlüssel. Damit lassen sich alle Türen, Tore und Lifte steuern und sogar der Gepäckwagen öffnen. Die Lagerdauer ist flexibel mit kurzer Kündigungsfrist.
Da die Menschen preissensitiv sind, betreiben wir ein aktives Kapazitäts- und Auslastungsmanagement mit dynamischen Preismodellen. Dieses wird von den Kunden akzeptiert, weil sie es aus der Hotellerie- oder Flugbranche kennen. Es gibt also unterschiedliche Preise für gleiche Boxengrössen. Die Lage, das Angebot und die Nachfrage bestimmen den Preis.
Unsere neuste Innovation ist die IoT-Box, durch welche wir auf die gesamte Verkabelung verzichten und dadurch rund 85 Prozent der Kosten für die elektrische Installation einsparen können. Diese Box kann beispielsweise an ein Garagentor montiert werden. Dadurch kann jedem Dritten, der etwas einlagern möchte, Zutritt mittels Handy gewährt werden. Das ist die Zukunft, dadurch wird jeder noch so kleine Lagerraum zu placeB. Auch postalische Services lassen sich auf einfache Art lösen.
Hast du mehr Privat- oder Geschäftskunden? Wer ist der typische placeB-Kunde?
Wir haben rund 90 Prozent Privatkunden. Einerseits Menschen, die aus Mobilitätsüberlegungen Räumlichkeiten suchen, also Paare, die sich trennen, Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, oder solche, die Bedarf haben nach Erbschaften oder bis die Kinder ausgezogen sind. Und dann gibt es Kunden, welche aufgrund von verdichtetem Wohnen mehr Platz für ihr Hobby-Equipment und den Hausrat brauchen. Und selbstverständlich sind unsere Kunden tendenziell digitalaffin. Die Kundschaft an der Sumpfstrasse in Cham, wo wir Mieter der Alfred Müller AG sind, ist nochmals eine etwas andere. Dort trifft man vor allem Firmen an, welche die Räume als Archiv verwenden, sowie Expats. Sie kennen das Konzept Self-Storage aus ihrer Heimat.
«Wir haben rund 90 Prozent Privatkunden.»
Terry Fehlmann orientiert sich bei der Wahl seiner Flächen am Retailgeschäft. Die Visibilität des Standorts, die Nähe zum Kunden und gute Zufahrten seien die wichtigsten Entscheidungskriterien. Darauf habe er immer geachtet. Er ist überzeugt, dass diese Kriterien, kombiniert mit seiner starken digitalen Präsenz, massgeblich dazu beigetragen haben, dass er seine Bekanntheit schnell aufbauen konnte. Mit Bedacht, aber auch mit einem gewissen Stolz erzählt er, dass placeB heute mit 22 Standorten Branchenleader ist.
Was wird denn am meisten eingelagert? Hattest du noch nie Probleme bezüglich Hygiene und Sicherheit?
Am meisten wird Hausrat eingelagert oder Dinge, zu denen man eine emotionale Bindung hat, auch wenn diese nach sechs bis zwölf Monaten dann doch entsorgt werden. Es gibt einfach Stücke wie zum Beispiel die erste Lederjacke, die gibt man unter keinen Umständen weg. Man sieht die Brandlöcher der Zigaretten und weiss noch genau, von welcher Party diese stammen.
«Es gibt Stücke, die entsorgt man nie – zum Beispiel die erste Lederjacke.»
Motten und Ungeziefer
Bezüglich Sicherheit und Hygiene unterschreiben die Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie bestätigen, dass sie nichts Lebendiges, Verderbliches oder Pflanzen einlagern. Die Gefahr von Ungeziefer und Motten sei sicherlich am grössten. Deshalb müssen Teppiche in Schutzhüllen gelagert werden. Illegale Ware wie beispielsweise Drogen bemerke man durch den Geruch und auffälliges Verhalten schnell. Zudem hinterlasse jeder Kunde einen digitalen Fussabdruck. Durch die Stammdaten bei der Registrierung und dank der lückenlosen Kameraüberwachung in den Gebäuden würden Gesetzesverstösse schnell auffliegen.
An Visionen fehlt es nicht
Terry Fehlmann hat viele Ideen und Vorstellungen, wie er sein Unternehmen skalieren und in die Zukunft führen kann. Einerseits bestehe die Möglichkeit, die Plattform Dritten zugänglich zu machen, damit diese ihre Leerstände wie Keller und Räume über placeB vermarkten können. Andererseits seien Modelle wie White Labeling oder Lizenzvergaben denkbar. Geschäftsmodelle, wie es Softwareunternehmen – so wie seines – praktizieren. Er sei aber auch im Gespräch mit grossen Immobilienfirmen. Die Idee sei, dass diese ihre Neubauten nach placeB-Standard erstellen liessen mit dem Ziel, alle Nebenräume und Keller über placeB betreiben und vermarkten zu lassen. Dadurch würden die Produkte der Immobilienunternehmen an Attraktivität gewinnen, weil sie mit tieferen Mieten konkurrenzfähiger blieben, da sie nur die effektiv bewohnbaren Räume anböten. Ein Mieter könne dann je nach Bedürfnis kleine Nebenräume oder dann eben kleine bis grössere Räume oder Parkplätze flexibel dazumieten. Der Kunde zahle nur noch für das, was er effektiv nutze und braucht. Die placeB-Lösung trage diesem Kundenbedürfnis Rechnung. Und schon bald werde ein erstes Projekt realisiert.
Terry, bist du noch im Kontakt mit diesem Österreicher? Dem Ideenstifter von placeB?
Ich hatte länger keinen Kontakt mehr. Ich weiss aber, dass er sein Unternehmen zum österreichischen Marktleader entwickelte und anschliessend verkauft hat. Er ist immer an neuen Dingen dran und war zuletzt im Immobilienentwicklungsbereich tätig.
So sind wir gespannt, wie sich das Unternehmen von Terry entwickeln wird. Wir sind sicher, dass er die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens fortschreiben wird – denn wer will nicht mehr Platz für sein Leben?