Ein Hauswart für alle Fälle
«Ich bin ein Dinosaurier. Solche wie mich, gibt es nicht mehr viele», sagt Robert Schneider schmunzelnd. Der 73-Jährige meint damit Hauswarte, die im Haus wohnen, das sie betreuen. Seit 35 Jahren tut Robert Schneider dies. Mit seiner Frau ist er im fünften Stock im Zuger Erlenhof an der Baarerstasse zu Hause. Ein Doppelhaus mit 33 Wohnungen, Büros und Läden im Erdgeschoss. Fotos und Souvenirs von Reisen zeugen davon, dass die Schneiders hier ihr halbes Leben verbracht haben.
Als Robert Schneider als technischer Hauswart angefangen hat, waren vor allem seine Fachkenntnisse gefragt. Als Produktmanager im Bereich Haustechnik war er die ideale Besetzung für den Job. Er kannte alle technischen Geräte – von der Heizung über die Lüftung bis zur Waschmaschine. Bald zeigte sich, dass er für die Bewohner auch bei anderen Anliegen die erste Anlaufstelle war. Robert Schneider kann zahlreiche Anekdoten erzählen von vermeintlich kaputten Waschmaschinen, eingeschlossenen Auto- und verlorenen Hausschlüsseln. «Einmal hat ein Nachbar nachts bei uns geklingelt. Er war von seinem Stammlokal heimgekehrt, angeheitert und ohne Schlüssel.» Nachdem er den Mann ins Haus gelassen und ihn vor dessen Wohnung platziert hatte, machte sich Robert Schneider auf die Suche nach dem Schlüssel. Mit Erfolg. «Als ich zurückkehrte, hat der Nachtschwärmer friedlich vor seiner Tür geschlafen.»
Mit seiner Pensionierung 2015 ist das Aufgabenheft des Hauswarts gewachsen – fachlich und zwischenmenschlich. Regelmässig schaut der rüstige Pensionär bei den älteren Bewohnern vorbei und erkundigt sich nach ihrem Befinden. Bei der Liftsanierung 2018 haben er und seine Frau sogar Botengänge übernommen. «Eine Bewohnerin leidet an einer Angina pectoris. Als der Lift ausfiel, haben wir für sie eingekauft und ihr die Taschen hochgetragen.» Auch die Jüngeren wissen, dass sie auf die Schneiders zählen können. Kürzlich klingelte abends eine Frau – im Pyjama und tropfnass. Sie hatte am Spülkasten ihrer Toilette hantiert, bis ihr das Wasser entgegenschoss und das Badezimmer und sie klatschnass waren. Robert Schneider, selbst schon im Pyjama, stellte das Wasser ab, rief einen Sanitär und begann mit dem Trocknen. Die ganze Nacht hat er gearbeitet.
«Am besten funktioniert es, wenn man offen, tolerant und zurückhaltend ist, ohne sich zu verstecken.»
Dass er immer erreichbar sein muss, ist für ihn selbstverständlich. «Notfälle halten sich nicht an Bürozeiten.» Gelassenheit sei eine wichtige Eigenschaft, aber auch Menschenkenntnis und Diskretion seien unverzichtbar. «Ich habe viel gesehen und musste mich auch mal zurückhalten. Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre.» Und was ist für Robert Schneider eine gute Nachbarschaft? «Am besten funktioniert es, wenn man offen, tolerant und zurückhaltend ist, ohne sich zu verstecken.» Ein echter Glücksfall für die Nachbarschaft!