Das Arbeiten in Partnerschaften wird wichtiger
Wie lassen sich in Zeiten wachsender Dynamik Immobilienprojekte erfolgreich realisieren? Verwaltungsratspräsident Christoph Müller und David Hossli, Vorsitzender der Geschäftsleitung, über den Wohlfühlfaktor, neue Vertragsformen und interessante Coworking-Konzepte.
Die Welt wird mobiler. Wechseln da auch Immobilien schneller den Besitzer?
Christoph Müller: Die Inhaber von Wohneigentum sind nach wie vor eher sesshaft. Mobiler geworden sind die Mieter. Und die Unternehmen sind nicht mehr so stark an einen Ort gebunden. Firmenteile werden vermehrt verschoben oder Standorte zusammengelegt. Für uns ist wichtig, dass Geschäftshäuser zu einem möglichst hohen Grad flexibel sind, damit Unternehmen ihre Flächen an veränderte Bedürfnisse anpassen können.
David Hossli: Aus meiner Sicht nimmt die Dynamik zu. Bei unseren Geschäftsflächennutzern führt das zu einem neuen Mieterverhalten. Für uns bedeutet dies, dass wir noch flexibler auf veränderte Marktbedürfnisse reagieren und Entwicklungen antizipieren müssen. Von der Dynamik sind aber nicht nur Firmen und ihre Mitarbeitenden, sondern wir alle im Privatleben als Wohnende betroffen. Ein Beispiel: Wer früher ein Haus bauen konnte, hat das einmal getan – für sein Leben. Das ist heute anders.
«Gerade in der heutigen Zeit mit ihren vielen Veränderungen suchen die Menschen einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen.»
Wie verändert sich der Wohnbereich? Ist da auch mehr Flexibilität gefragt?
David Hossli: Wir sehen uns mit einer ausgeprägten Individualisierung und einer Pluralisierung der Lebensstile konfrontiert. Den Mieter oder den Käufer gibt es weniger denn je. Die Menschen leben in unterschiedlichen Lebensabschnitten und -situationen und ihre Bedürfnisse sind entsprechend vielfältig. Bei der Angebotsgestaltung müssen wir uns daran orientieren. Wir haben unser Ziel erreicht, wenn die Nutzer spüren, dass sie bei der Konzeption im Zentrum standen. Dann sind wir auch in der Vermarktung erfolgreich. In der Umsetzung bedeutet das zum Beispiel, dass es nicht nur unterschiedliche Wohnungsgrössen braucht. Wohnungen müssen variabel und ihre Räume unterschiedlich nutzbar sein. Auch preislich und punkto Stil sollen sie sich unterscheiden. Man muss aber sehen, dass der Flexibilität Grenzen gesetzt sind. Eine Immobilie überdauert zum Teil 100 Jahre. Es ist unmöglich, auf mehrere Generationen hinaus Entwicklungen zu antizipieren. Ein klug konzipiertes, gut gebautes Haus bleibt aber meiner Meinung nach lange marktfähig und ermöglicht auch gewisse bauliche Anpassungen. Denken Sie an alte Industriehallen, die heute als Lofts gefragt sind.
Christoph Müller: Ich finde es wichtig festzuhalten, dass sich nicht alles verändert. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, ein optimaler Grundriss und eine zentrale Lage bleiben wichtige Entscheidungskriterien bei der Wahl einer Wohnung.
Wechseln wir zum Bürobereich. Hier sprechen momentan alle von Coworking. Wie wichtig ist dieses Konzept für Sie?
Christoph Müller: Man muss unterscheiden zwischen Büros, in denen sich Einzelpersonen zeitlich flexibel einmieten und die Möglichkeit der Zusammenarbeit nutzen, und flexibel gestaltbaren Grossraumbüros von Unternehmen. Ersteres ist für mich Coworking, letzteres Open Space. In den letzten Jahren waren Open-Space-Büros ohne fixe Arbeitsplätze am Kommen. Solche Büros haben wir schon vor 15 Jahren gebaut. Im Gegenzug erstellen wir für grosse Firmen nach wie vor Einer- und Zweierbüros. In grösseren Objekten realisieren wir auch Coworking-Konzepte. Im Gesamtportfolio spielen diese aber heute eher eine untergeordnete Rolle.
«Unkonventionelle, auf neue Bedürfnisse zugeschnittene Mietverträge werden wichtiger.»
Welches ist denn der wichtigste Trend bei Geschäftsbauten und Arbeitsräumen?
Christoph Müller: Ein weiterer Trend ist die Nachhaltigkeit nicht nur im ökologischen, sondern auch im sozialen und ökonomischen Sinne: Um die besten Talente anzuziehen und um Leistungsfähigkeit und Kollaboration zu unterstützen, setzen Unternehmen auf inspirierende Arbeitsräume. Mitarbeitende sollen sich wohl-, ja fast ein bisschen zu Hause fühlen. Wichtiger werden deshalb gemeinschaftliche Flächen wie auch andere Faktoren, welche zu einer angenehmen Atmosphäre beitragen, zum Beispiel eine gute Lichtführung, gezielte Belüftung, hochwertige Aussenräume usw.
David Hossli: Ich würde sagen, dass der Fächer der Bedürfnisse in der Arbeitswelt ebenfalls grösser und bunter geworden ist, selbst wenn einige Trends gar nicht so neu sind. Als Anbieter müssen wir auch hier vielfältige Lösungen entwickeln. Die Basis bilden multifunktionale Gebäude, wie wir sie seit den 1970er Jahren realisieren und laufend weiterentwickelt haben. Die Erfolge bei den Geschäftshäusern Quadrolith in Baar und Helix in Cham zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Entstehen in Zukunft neue Produkte? Welche Leistungen und Vertragsmodelle sind in Zeiten der Flexibilisierung gefragt?
David Hossli: Dass es neue Produkte braucht, ist klar, das ist ein Resultat der Dynamik im Markt im Zuge der Globalisierung, der Digitalisierung und der gesteigerten Mobilität. Unkonventionelle, auf neue Bedürfnisse zugeschnittene Mietverträge werden wichtiger. Bei Geschäftsbauten werden wir in Zukunft vielleicht noch 70 Prozent konventionelle Mietverträge haben. Kurzfristigere Vertragsformen gewinnen an Bedeutung. Im Coworking-Bereich beginnt das bereits im Stundenbereich und kann sich auf einen Mehrmonats- oder einen Jahresrhythmus ausdehnen. Auch die Services ändern sich. Hier stellt sich die Frage: Welche Dienstleistungen kommen zur Miete hinzu? Dies kann von der Reinigung über Sekretariatsarbeiten bis hin zur Rechtsberatung und zu IT-Dienstleistungen gehen.
Christoph Müller: In Schlieren prüfen wir ein Coworking-Konzept in einem grossen Geschäftshaus.
David Hossli: Hier hat ein Mieter ein Gebäude verlassen, das 1991 auf seine Bedürfnisse zugeschnitten realisiert worden war. Die Immobilie ist gut an den ÖV angebunden und befindet sich in unserem Portfolio. Sie passt mit ihren offenen Flächen und einem grossen Atrium gut in ein Coworking-Konzept. Wir haben entschieden, dass wir hier zusammen mit einem Partner, der über das nötige Know-how verfügt, Coworking realisieren wollen. In Partnerschaften zu arbeiten – auch das dürfte in Zukunft wichtiger werden.