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«Zug kann sich mit dem Schwingfest als Ort präsentieren, der Traditionen pflegt»

«Zug kann sich mit dem Schwingfest als Ort präsentieren, der Traditionen pflegt»

Wenn in sechs Monaten das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest beginnt, wird Zug Schauplatz des grössten Sportereignisses der Schweiz sein. Die organisatorischen Fäden für den Grossanlass laufen bei Geschäftsführer Thomas Huwyler zusammen. Im Interview gibt er Einblick in die Vorbereitungsarbeiten, die besonderen Highlights des Festprogramms, und er verrät, worauf er sich persönlich am meisten freut.

In 6 Monaten startet das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2019 in Zug – schlafen Sie noch gut?

Wenn man ein Organisationskomitee hat, bei dem alle Mitglieder am gleichen Strick ziehen, kann man auch als Geschäftsführer gut schlafen. Sicher wird es noch hektischer werden. Wir spüren, dass das Fest näherkommt. Es macht aber keinen Sinn, die Dinge zu früh anzupacken und dann 100-mal hin und her zu diskutieren.

Sind die Vorbereitungsarbeiten auf Kurs?

Ja, die Arbeiten schreiten gemäss unserem Masterplan voran.

"Die Zuger Bevölkerung leistet einen grossen Beitrag, wenn Sie während dem ESAF aufs Auto verzichtet."

Wo liegen die grössten Herausforderungen, die noch bewältigt werden müssen?

Eine der grössten Herausforderungen neben dem Bau des ganzen Festgeländes sind der Verkehr und die Zufahrt für die Anwohner. Im Herti-Quartier wohnen mehrere Tausend Personen, für die auch am ESAF-Wochenende die Zufahrt zu ihren Häusern oder Wohnquartieren sichergestellt werden muss. Da wir aus Datenschutzgründen die Adressen der Bewohner nicht erhalten, ist es gar nicht so einfach sicherzustellen, dass alle eine Zufahrtskarte bekommen. Wir setzen auf Kommunikation und fordern die Bewohner auf, bei uns Zufahrtskarten anzufordern.

Eine weitere Herausforderung ist das Wetter. Wenn es vor dem ESAF drei Wochen lang regnet, haben wir mit den Parkplätzen auf dem Kulturland und eventuell auch auf dem Camping ein Problem. Für uns wäre dies ein Worst Case, weil dann die Böden schlecht sind. Wir haben natürlich unsere Konzepte für diese Situation, aber die Möglichkeiten sind irgendwo beschränkt und es wird kompliziert.

Die meisten Zugerinnen und Zuger freuen sich auf den Anlass, aber was raten Sie jenen, die sich nicht dafür erwärmen können?

Es ist ein bisschen so wie an der Fasnacht – wenn man selbst nicht mitmacht und keine Freude daran hat, aber im Zentrum des Geschehens wohnt, dann geht man über diese Tage besser weg. Alle sind herzlich eingeladen, ans Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest zu kommen – auch ohne Tickets für die Arena. Aber es braucht Toleranz von allen Seiten. Wer sich entscheidet, wegzugehen, kann die Wohnung vermieten. Schon jetzt gibt es dafür eine sehr grosse Nachfrage!

Wie werden die Besucherströme bewältigt? Was kann die Zuger Bevölkerung zu einem gelungenen ESAF beitragen?

Die Zugerinnen und Zuger leisten einen grossen Beitrag, wenn Sie am ESAF-Wochenende auf ihr Auto verzichten. Der Anlass findet in der Stadt statt, und es werden während des Festes insgesamt rund 300'000 Menschen erwartet. Auch wenn die meisten Besucher mit dem ÖV anreisen, wird es doch viel Verkehr geben. Deshalb ist uns am meisten gedient, wenn die Zuger möglichst wenige Autofahrten machen.

Im Übrigen kann sich die Zuger Bevölkerung auf dieses besondere Fest freuen und die vielen Besucher willkommen heissen. Gerade für unseren Kanton, der sonst sehr stark als Finanzplatz wahrgenommen wird, ist es eine Gelegenheit, sich als Ort zu zeigen, der Traditionen und das Schweizer Kulturgut pflegt.

Auf welche Highlights können sich die Besucher abgesehen von den Wettkämpfen besonders freuen?

Das Programm ist sehr vielfältig; es bietet für jeden Geschmack etwas. Natürlich wird man in der Arena und auf dem ganzen Festgelände viel Folklore sehen können. Der Festakt in der Arena mit geschätzt 100 Fahnenschwingern, Alphornbläsern, Jodlern usw. sowie der Festumzug am Freitagnachmittag vom Landsgemeindeplatz bis zur Arena sind zwei besondere Höhepunkte. Zudem bieten wir ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm mit namhaften Künstlern aus verschiedenen Sparten. Auf dem Platz vor der Bossard-Arena werden beispielsweise das Berner Pop-Duo Lo&Leduc und die Band Hecht auftreten. In den Festzelten treten unter anderem Francine Jordi, die Calimeros und Heimweh auf.

Daneben ist das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest vor allem ein friedliches Fest mit Tausenden aufgestellter Menschen, die miteinander reden, jodeln und einfach eine gute Zeit verbringen.

«Wenn am Samstagmorgen alle die Hymne singen: Das wird ein Hühnerhautmoment.»

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Ich werde viel zu tun haben und von den Wettkämpfen wahrscheinlich nicht viel sehen. Aber am Samstagmorgen werde ich in der Arena sein, wenn um 7.30 Uhr vor den Augen von 56'000 Zuschauern die Schwinger in die Arena kommen und um 7.45 Uhr die Nationalhymne gesungen wird. Das wird ein Hühnerhaut-Moment, auf den ich mich sehr freue.

Wodurch wird sich das ESAF Zug besonders auszeichnen? Wird es sich von früheren Schwingfesten unterscheiden?

Das Schwingfest in der Arena läuft immer gleich ab nach den Vorgaben des eidgenössischen Schwingerverbands. Aber das Drumherum ist natürlich regional geprägt – die Helfer aus den Vereinen, viele Angebote und Sponsoren. Auch das Festgelände ist einmalig: Es liegt in der Stadt Zug und bietet von der Arena aus eine wunderschöne Sicht Richtung Rigi.

«Wir werden in Zug die grösste je erbaute temporäre Arena der Welt haben.»

Besonders sind auch die Nachhaltigkeitsziele, die wir uns gesetzt haben. Das gab es so noch nie. Mit verschiedenen Massnahmen wollen wir dafür sorgen, dass das ESAF 2019 Zug ein nachhaltiges Fest wird. So ist der ÖV im Ticketpreis inbegriffen. Die Zugerland Verkehrsbetriebe verstärken ihre Kurse, und fahren die Besucher bis um 3 Uhr in der Früh in die Zuger Gemeinden. Neu ist auch ein Depotkonzept, mit dem wir die Abfallmenge reduzieren wollen. Firmen, die Produkte abgeben, müssen Beiträge an die Schweizer Stiftung myclimate leisten, mit der das ESAF eine Kooperation eingegangen ist. Mit den Beiträgen werden ökologische Ausgleichsmassnahmen im In- und Ausland finanziert.

In den letzten Jahren wurde teilweise kritisiert, der Anlass werde zu gross. Trotzdem hat sich Zug gegen eine Verkleinerung der Arena entschieden. Warum?

Anfangs wollten wir kleiner werden. Die Nachfrage nach den Tickets ist aber so gross, dass wir uns dagegen entschieden haben. Rein von der Nachfrage her betrachtet, hätten wir eine Arena für 80'000 Personen bauen können, denn Zug ist sehr zentral und gut erreichbar. Unsere Arena wird nun 56'500 Personen Platz bieten und ist damit gemäss dem Tribünenbauer die grösste je erbaute temporäre Arena der Welt. Sie ist von den Dimensionen her nur unwesentlich grösser als jene in Estavayer, bietet aber aufgrund von Optimierungen zusätzliche Plätze.

Wie erklären Sie sich die grosse Popularität des Schwingsports?

Ich glaube, dass sich die Menschen, umso mehr auf die Traditionen besinnen, je globaler die Welt wird. Das bezieht sich nicht nur nur auf den Schwingsport. Aber dort sieht man den Wandel bei den Zuschauern sehr gut: Bestand das Publikum vor 20 Jahren noch zu etwa 90 Prozent aus Männern mittleren oder älteren Jahrgangs, so ist es heute bunt gemischt – von Jung bis Alt; Männer und Frauen. Zur Popularität trägt auch bei, dass es bei den Schwingwettkämpfen fair und friedlich zugeht. Obwohl wir uns heute auch im Schwingsport an einem schwierigen Punkt befinden angesichts des grossen Interesses und des Kapitals, das in den Sport fliesst. Wir müssen darauf achten, die Traditionen bestmöglich zu wahren. Dazu gehört etwa, dass es in der Arena keine Werbung gibt. Das gibt es sonst nirgends. Trotzdem gelingt es uns, namhafte Sponsoren zu gewinnen, obwohl man sie während der Wettkämpfe in der Fernsehübertragung nicht sehen wird.

«Je globaler die Welt wird, umso mehr besinnen sich die Menschen auf die Traditionen»

Interview im ESAF-Büro bei der Alfred Müller AG in Baar: Es war sicher nicht das erste und wird bei weitem nicht das letzte sein, das Thomas Huwyler vor, während und nach dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest geben wird.

Ohne Sponsoren kann ein Grossanlass wie das ESAF nicht gestemmt werden. Was für ein Budget haben Sie?

Unser Ziel-Budget beträgt 35 Millionen Franken. Dieses umfasst nur die Beträge, die wir als Organisationskomitee direkt ausgeben, zum Beispiel für den Bau der Arena oder für den Rasen, mit dessen Pflege wir ja den Gartenbau der Alfred Müller AG beauftragt haben. Schliesst man alle Hotelübernachtungen, die ganze Konsumation etc. ein, dann dürfte ein «Eidgenössisches» bis zu 150 Millionen Franken Umsatz generieren. Als OK achten wir darauf, wenn möglich regionale Unternehmen zu beauftragen.

Viele kulturelle Anlässe sind nicht gewinnbringend – wie sieht es beim ESAF aus?

Wir sind nicht gewinnorientiert. Unser Ziel ist es, unseren Helfern, die in aller Regel Vereinsmitglieder sind, einen Stundenlohn von 8 Franken bezahlen zu können, und zwar auch bei schlechtem Wetter mit entsprechenden Zusatzkosten und weniger Publikum. Entsprechend sind unsere Kalkulationen auf die Schlechtwettervariante ausgerichtet. Bei gutem Wetter wird ein Gewinn resultieren. Damit würden zuerst die Stundenlöhne der freiwilligen Helfer erhöht und der Restgewinn käme dann den Zuger Schwingclubs und dem kantonalen Verband zugute, wo es für die Förderung der Jungschwinger eingesetzt wird. Für das OK gibt es die Freude an einem gelungenen Fest und einen schönen Abschlusshöck.

Woran messen Sie den Erfolg des ESAF?

Da steht für mich ganz klar die Zufriedenheit der wichtigsten Anspruchsgruppen im Vordergrund: der Besucher, der Schwinger und der Zuger Bevölkerung. Dies werden wir auch messen, zum Beispiel mit Online-Umfragen.

 

«Den Erfolg des ESAF messe ich an der Zufriedenheit der wichtigsten Anspruchsgruppen: der Besucher, der Schwinger und der Zuger Bevölkerung.»

Welchen Bezug haben Sie selbst zum Schwingen?

Meine aktive Schwinger-Karriere war ganz kurz: An einem Bubenschwingen in Baar musste ich gegen einen guten Kollegen antreten, Walter Lötscher, der später ein eidgenössischer Kranzschwinger geworden ist. Nach einer halben Sekunde lag ich auf dem Boden… Walter Lötscher war es auch, der in den 1980er Jahren auf mich zukam, als der Schwingclub Zug einen Finanzchef suchte. Von da an habe ich mich als «Funktionär» im Schwingsport engagiert, als Finanzchef und in verschiedenen OKs. Als klar wurde, dass das Eidgenössische Schwingfest nach Zug kommen wird, habe ich die Chance gepackt, in meinem Berufsleben nochmal etwas anderes zu machen, nachdem ich vorher während ca. 30 Jahren als Wirtschaftsprüfer tätig gewesen bin. Wenn das ESAF zirka Mitte 2020 abgeschlossen sein wird, schaue ich weiter.

Wie geht es eigentlich dem Sieger-Muni Kolin?

Kolin ist ein sehr schönes Tier, ein Original Braunvieh aus dem Kanton Zug, das ja vor zweieinhalb Jahren am Stierenmarkt als Sieger aus einem «Casting» mit fünf Munis hervorgegangen ist. Es geht ihm sehr gut. Er ist inzwischen gut dreijährig, lebt bei seinem Züchter Otto Nussbaumer auf dem Weidhof in Unterägeri. Er wiegt momentan 1.1 Tonnen, bis im Sommer wird er es auf 1.2 Tonnen bringen.

Wie wird er auf den Anlass vorbereitet, damit er vor 56'000 Zuschauern eine gute Figur macht?

Die Betreuer gehen jeden Tag mit Kolin spazieren, damit er sich daran gewöhnt. Er wird auch trainiert, mit Lärm und Geräuschen umzugehen, indem zum Beispiel in seiner Nähe ein Blechkanister fallen gelassen wird. Schliesslich wird es in der Arena auch nicht mucksmäuschenstill sein.

Zum Schluss die Frage nach den Tickets: Wie kommen die Fans dazu?

Der grösste Teil der Tickets wird über die Schwingclubs verkauft, ein weiterer Teil geht an die Sponsoren und Gabenspender. In den freien Verkauf kommen etwa 3000 bis 4000 Tickets. Diese werden frühestens im Mai über Ticketcorner angeboten und dürften innert weniger Minuten ausverkauft sein. Wenn man nicht in einem Schwingclub ist oder von einem Sponsor eingeladen wird, ist es leider relativ schwierig, an Tickets zu kommen.

Website ESAF 2019 Zug

«In den freien Verkauf kommen etwa 3000 bis 4000 Tickets, dies wird frühestens im Mai der Fall sein.»