Spezialisten im Einsatz
Die Zuger Polizei ist bei Einbrüchen schnell vor Ort. Dank hochwertigen Trendanalysen lassen sich Delikte heute aber schon frühzeitig erahnen. Und in vielen Fällen verhindern.
Macht Gelegenheit Diebe? Ein Blick auf die Statistik der Zuger Polizei zeigt, dass Einbrüche ab Herbst tendenziell zunehmen. «Fakt ist, dass Täter dort zuschlagen, wo sie sich unbeobachtet fühlen», erklärt Thomas Nabholz. Seit 2018 leitet er das Team der Kriminalpolizei innerhalb der Zuger Polizei. «Einbrecher können in der Dämmerung besser erkennen, welche Räume in einem Haus oder einem Bürogebäude belebt sind», führt er aus. «Wo Licht brennt, halten sich Einbrecher in der Regel fern. Interessant sind Objekte, die dunkel und verlassen wirken.»
Ein wichtiger Auftrag ist deshalb die Aufklärung der Bevölkerung (siehe Box). Dabei wird nicht nur auf das korrekte Verhalten nach einem Einbruch hingewiesen. Die Zuger Polizei investiert auch viel in die Präventionsarbeit und informiert, wie man sich vor einem möglichen Einbruch schützen kann: über Plakatktionen, Social-Media-Kampagnen oder im direkten Austausch mit der Bevölkerung an hoch frequentierten Orten wie Bahnhöfen oder Einkaufszentren. Diese Massnahmen zeigen positive Wirkung: «Wir erhalten vermehrt Hinweise aus der Bevölkerung, zum Beispiel zu auffälligen Fahrzeugen mit ausländischen Nummernschildern in einem Wohnquartier», sagt Thomas Nabholz, Chef der Kriminalpolizei. Daneben ist die Polizei aber auch physisch sehr präsent und hat die Kontrollen auf Hauptstrassen und in der Nähe von Autobahnanschlüssen erhöht. Denn besonders dort sind Einbrecher aktiv, da eine schnelle Flucht möglich ist. Bisher scheinen die Massnahmen der Polizei zu greifen. Seit einigen Jahren sind Einbruchmeldungen rückläufig. 2019 waren es im Kanton Zug 286 Fälle (2018: 303, 2017: 389).
Vor Ort auf Spurensuche
Trotz rückläufigen Tendenzen: Einbrecher sind nach wie vor aktiv, insbesondere gut organisierte Banden aus Osteuropa. Am häufigsten betroffen sind weiterhin Mehr- und Einfamilienhäuser, gefolgt von Gewerbe- und Bürogebäuden. Wenn ein Notruf bei der Polizei eingeht, ist eine Patrouille oftmals unverzüglich vor Ort – inklusive Polizeihund. Meistens sind die Täter zwar bereits über alle Berge. Dennoch gelingt es den vierbeinigen Spürnasen relativ leicht, die Fährte aufzunehmen oder mögliche Tatwerkzeuge aufzuspüren. Wo die Einsatzkräfte vor Ort aussagekräftige Spuren oder etwas Aussergewöhnliches entdecken, kommt das Team von Thomas Nabholz zum Einsatz. Die Spezialisten des kriminaltechnischen Dienstes wissen genau, wo Hinweise auf die Täterschaft zu suchen sind: beispielsweise Schuhabdrücke in der nassen, aufgeweichten Erde oder auf Teppichen sowie Fingerabdrücke an einem Fenster oder auf Gegenständen. Auch Hautpartikel, Schweiss oder Speichel können zur Überführung eines Täters führen. Eine sorgfältige Vorgehensweise ist dabei zentral. Denn je genauer die Daten erfasst werden, desto besser können diese in einem nächsten Schritt ausgewertet und interpretiert werden. Zur Erfassung der Daten vor Ort werden vermehrt digitale Tools eingesetzt, die einen zeit- und ortsunabhängigen Zugriff ermöglichen. Strukturiert erfasst werden etwa Tatzeit, Tatort, entwendete Gegenstände oder andere wichtige Hinweise, die für die Ermittlungen von Bedeutung sind.
Das Erkennen von Mustern wird immer wichtiger
Seit Oktober 2018 unterstützt Nadine Marti das Team von Thomas Nabholz. Die junge Analystin wertet sämtliche Daten aus vergangenen Delikten aus. «Meine Aufgabe liegt in erster Linie darin, die unterschiedlichen Fälle miteinander zu vergleichen, nach Parallelen zu suchen und Tatmuster aufzudecken», erklärt sie. Ihre Analysen geben wichtige Hinweise auf künftige Tatorte und erlauben eine Herleitung von Tendenzen und Trends. «Dank Frau Martis Arbeit konnten wir schon einige Täter in flagranti überraschen», fügt Thomas Nabholz an. «Unser Ziel ist es, nebst Vermögensdelikten auch im Bereich von Sexualverbrechen oder im Betäubungsmittelhandel gleiche Erfolge zu erreichen. Der Fokus liegt ganz klar auf der frühzeitigen Erkennung von möglichen Taten.»
«Vernetztes Denken ist unsere Zukunft.»
Das Vorbild der Zuger Analysestelle ist in der Westschweiz zu suchen. «Die welschen Kantone üben im Bereich der Datenanalyse eine Vorreiterrolle aus», erläutert Marti. «Das liegt vor allem daran, dass die Universität Lausanne den Studiengang Kriminalwissenschaften lehrt und Daten schon länger zu Analysezwecken anwendet. Zudem pflegt die Uni eine enge Zusammenarbeit mit der dortigen Polizei.» Ein weiterer Vorteil sei, dass die Westschweizer Gesetzgebung eine offenere Kommunikation zulasse. Dank einem zentralen Server fliessen Informationen besser und barrierefrei.
«In der Deutschschweiz arbeitet jeder Kanton eigenständig», erklärt Thomas Nabholz. Das erschwere den Datenfluss. «Die Deutschschweiz holt aber auf», ergänzt Nadine Marti. So setzt man seit rund fünf Jahren vermehrt auf Vernetzung und Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinweg. Zum Beispiel mit der gesamtschweizerischen Aktion «Indue», an der zahlreiche deutschsprachige Polizeikorps beteiligt sind. Gemeinsam macht man auf die Einbruchsthematik aufmerksam und setzt mit vereinten Kräften auf Prävention und die Sensibilisierung der Bevölkerung.
«Dank der Arbeit der Analysestelle konnten wir schon Täter in flagranti überraschen und festnehmen.»
Die Gegenseite schläft nicht
Obwohl die Massnahmen der Zuger Polizei Früchte tragen, ist auch bei den Einbrechern ein Umdenken festzustellen. Zum Beispiel haben die vermehrten Kontrollen durch aufmerksame Bürgerinnen und Bürger dazu geführt, dass sich Einbrecher heute besser tarnen, beispielsweise als junges Pärchen oder Jogger. Daneben ist auch die Logistik professioneller geworden: Einbrecher werden immer schneller. Was hingegen gleich geblieben ist, sind die Tatorte. Einer der häufigsten Einstiege sind nach wie vor Sitzplatztüren oder -fenster, da diese noch immer relativ einfach zu überwinden sind. Und auch bei den verwendeten Werkzeugen hat sich wenig geändert.
«Einbrecher versuchen, so wenig wie möglich aufzufallen. Die Werkzeuge sind daher relativ unscheinbar wie zum Beispiel ein Schraubenzieher, der im Ärmel versteckt wird. Zur Vorsorge lohnt es sich daher, in Schlösser mit gutem Einbruchschutz zu investieren», erklärt Thomas Nabholz.
Prävention
Um einem Einbruch vorzubeugen, gibt es viele bewährte Möglichkeiten: baulich-mechanische Sicherheitsmassnahmen wie Zusatzschlösser, Verriegelungen oder Fenstergitter, aber auch elektrische oder elektronische Massnahmen zur Hemmung von Einbrechern wie Bewegungsmelder, Schockbeleuchtung oder Alarmanlagen.
TIPPS
Folgende Regeln gilt es im Vorfeld zu beachten:
- Schliessen Sie Türen und Fenster, wenn Sie ausser Haus sind.
- Leiten Sie bei Ferienabwesenheiten die Post um.
- Deponieren Sie keine Schlüssel.
- Bewahren Sie Geld, Schmuck und andere Wertsachen sicher auf.
- Täuschen Sie Anwesenheit vor (z. B. mit einer Zeitschaltuhr) oder bitten Sie Ihre Nachbarn, in Ihren Ferien nach dem Rechten zu sehen.
Richtiges Verhalten nach einem Einbruch:
- Rufen Sie umgehend die Polizei (117): Sollten Sie einen Einbrecher auf frischer Tat ertappen, versuchen Sie auf keinen Fall, ihn zurückzuhalten. Machen Sie Lärm und Licht und ziehen Sie sich schnell zurück.
- Räumen Sie den Tatort nicht auf: Warten Sie am besten ausserhalb der Wohnung auf die Polizei, sodass keine Spuren verwischt werden.
- Beschreiben Sie das Diebesgut so präzise wie möglich.
- Holen Sie sich Hilfe: Die Opfer eines Einbruchs berichten oft, dass der emotionale Schaden weitaus grösser ist als der materielle. Das Schutzbedürfnis ist nach einem Vorfall erhöht. Die Zuger Polizei fragt nach einem Einbruch nach einer gewissen Zeit bei den Opfern nach. Sollten Sie psychologische Hilfe benötigen, weist sie Sie an eine Fachperson weiter.